Ihre Aussagen zu jungpalaeolithischen Kulturen insbesondere zu Wildbeuterkulturen und deren astronomischen Kenntnisse

Indessen: haben die Elamiter oder Sumerer die Idee von Sternbildern erfunden, oder haben sie diese Idee und diverse Konstellationen vielleicht schon vorgefunden, nebst der 'Technik, "himmlische" Geschichten zu erzählen? Und haben das Vorgefundene nur vervollkommnet und systematisiert? Da solches nicht nur denkbar, sondern wahrscheinlich ist, wem könnte man diese Frage zur Beantwortung vorlegen? Klärlich nur solchen Populationen, die von der sog. neolithischen Revolution und von der vorderasiatischen Stadtkultur gar nicht oder nur minimal tangiert worden sind, also sogenannte Wildbeuter, Jäger- und Sammlervölker, von denen es bis vor kurzem noch eine beachtliche Anzahl gab, in Australien, im nördlichsten Asien und in Teilen Kanadas, im südamerikanischen Urwald, in den südafrikanischen Steppen und Wüsten: Träger einer vorwiegend jungpalaeolithischen Kultur, d.h. der gleichen Kultur, der wir die einzigartigen Felsbilder in südfranzösischen und nordspanischen Höhlen verdanken.
Zur intellektuellenLeistungsfähigkeit von Wildbeuterkulturen erklärt sie:
In Wischnewski's Dissertation "Afrikaner und Himmelserscheinungen" (p.51) lesen wir: "Die Namen für Sterne und Konstellationen beziehen sich bei den Buschmännern wie auch, zum Teil bei den Hottentotten vielfach nicht auf die Form und Gestalt, die sie am Himmel zeigen, sondern auf die Zeit des Erscheinens. Dann scheinen auch die Sternbilder von diesen Eingeborenen im Hinblick auf die sie umgebenden Geschöpfe (Tiere) benannt worden zu sein, die zur Zeit ihres Sichtbarwerdens besonders häufig vorkommen." Nach Roth (1924,715 f.) sind das Auftreten und die Stellung verschiedener Sternbilder in Guyana mit besonderen Jahreszeiten verbunden, und jeder solche Stern ist das dauernde Heim, d.h. der Geist desselben Wildes…
Ich kann nicht von Ihnen erwarten, sagt sie, daß Sie gleich auf Anhieb die Tragweite solcher Angaben ermessen,... Aber denken Sie ein wenig konzentriert nach: wenn Sie Sterngruppen nach Tierarten nennen, die ihre Brutzeit zur Zeit des Aufgangs dieser Sterngruppen haben, dann müssen Sie vorher schon verdammt genau beobachtet haben, nicht nur den Lebenszyklus der Tierarten, vielmehr müssen Sie bereits festgestellt haben, welche Sterngruppen im Laufe des Jahres wann heliakisch aufgehen, und das bedeutet: Sie müssen auf jeden Fall mit der Länge des Sonnenjahres vertraut sein wie auch mit dem Faktum, daß jeden Monat andere Sterne vor Sonnenaufgang im Osten sichtbar sind. Es gehören Nerven wie Drahtseile dazu, hier von naiver Spielerei und von Willkür zu reden, anstatt von jenen größten, aber unscheinbaren Anfängen, die der Aristoteles im Sinne hatte, als er sagte, daß immer der Anfang das schwierigste sei.

Und im gleichen Tenor:

Kurzum, die Sternbilder sind durchweg so unrealistisch und abstrakt, daß sie von modernen Malern könnten erfunden sein: von Ähnlichkeit zu Tieren keine Spur. Vielleicht war Ähnlichkeit gar nicht beabsichtigt? Wenn nicht, warum hat man sie so genannt, wie sie heißen?
Was eruiert werden konnte, läuft auf die folgenden 'Ergebnisse' hinaus:
Der Aufgang von Sternbildern zeigt also an, was in der Tierwelt (und auch in der Pflanzen-welt) vor sich geht. Dieser Befund wird sprachlich dadurch ausgedrückt, daß man die Sterngruppen nach den Tierarten nennt, deren Vermehrungszeit sie markieren… Und genau dies ist unmißverständlich der Fall gewesen: die Sternbilder galten als "Herren" der Tierarten, deren Vermehrungszeit sie durch ihren heliakischen Aufgang anzeigen. Diese Konstellations-Tierherren schicken zur gegebenen Zeit die Seelen der Tiere auf die Erde; sind die Tiere erlegt worden, kehrt die Seele zur "Herren"-Konstellation zurück, und der Wildherr belebt die Tiere wieder aus ihren Knochen, die niemals fortgeworfen oder beschädigt werden dürfen… Schlimmer: die Buschmänner sagen, die Knochen getöteter Tiere dürften nicht zerbrochen werden, "sonst vergeht das Licht des Sternhimmels" (Frobenius: Kulturgesch. Afr.130).

Auf dieser jungpalaeolithischen Konzeption von den Sternbildern als Herren der Wildarten basiert der Totemismus, auf den wir uns hier natürlich nicht einlassen. Es genügt, wenn Sie sich merken, daß die viel besprochenen Totemvorfahren ursprünglich Sternbilder gewesen sind.

Einen wesentlichen Bestandteil des jungpalaeolithischen Vorstellungskomplexes von den Herren der Tiere bilden die sog. Tierversöhnungsriten, genauer gesagt: die Riten zur Versöhnung der Seelen erlegter Tiere, in deren Verlauf besagten erlegten Tieren u.a. weisgemacht wird, nicht die Jäger hätten sie getötet, sondern irgendjemand anders - ein Nachbarstamm, die Russen, die Kröte, oder wer auch immer… Die "Lösung", in den Tieren auf den Felsbildern - ganz besonders aber in der aus Lehm modellierten Bärenkalotte in der Höhle von Montespan (Haute Garonne)- Tierherren zu erkennen, wurde durch den amerikanische Ethnologe Frank Gouldsmith Speck im Jahre 1945 verhärtet, der sagte, daß die Bärenzeremonien der kanadischen Munsee-Mahican dem irdischen Stellvertreter von Ursa maior galten.

Als gesichertes Faktum dürfen wir acceptieren, daß die Prägung von Sternbildern den Jungpalaeolithikern zuzuschreiben ist, wie auch der Brauch, diesen Sterngruppen Tiernamen zu geben;... Damit ist ein gewichtiger nucleus der Fachsprache bereits gegeben, und diverse früher behandelte Buschmann-Mythen - über Jupiter/ Dämmerungsherz und seine Tochter Regulus, die zahllosen Stories über Mantis/Kaggen, den ich für den Merkur halte - legen den Verdacht nahe, daß besagte Jungpalaeolithiker das Verfahren beherrschten, Bewegungen von Planeten und Fixsternen zu "erzählen".

 

So führt sie zur Felsbildmalerei aus:
Wir haben uns in früheren Vorlesungen wiederholt mehr oder weniger oberflächlich mit Felsbildern, den verschiedenen Stilen und Techniken und mit ihrer Verbreitung beschäftigt und dabei natürlich auch mit der Frage, warum die Bilder des polychromen sog. frankokantabrischen Großtier-Stiles sich in den jeweils unzugänglichsten, dunkelsten Partien der französischen und spanischen Höhlen gefunden haben. Die Antwort, die Leakey u.a. (Adam's ancestors p154) gegeben haben, nämlich "a manifestation of the magico-religious" befriedigt nicht, um es euphemistisch auszudrücken.
Es war wieder Frobenius, der so ganz nebenbei an zwei Stellen seiner "Kulturgeschichte Afrikas" (1934, 46, 187 f.) von der "Gestaltwelt der astralen Tiermalerei und Tierbildnerei...in der Mittelsteinzeit" sprach. Er ist nicht wieder darauf zurückgekommen, und andere haben diesen Wink mit dem Zaunpfahl offensichtlich überlesen.
Frobenius wäre wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen, daß die frankokantabrischen Tierbilder Sternbilder darstellen, wenn er nicht absonderliche Stories von Buschmännern vernommen hätte, denen zufolge z.B. die Sterne Elenantilopen seien, und denen zufolge man die Knochen getöteter Tiere nicht zerbrechen dürfe, "sonst vergeht das Licht des Sternhimmels".

Und nochmals zitiert sie Frobenius unter diesem Aspekt:
Die Behauptung der Dame Baity, rezente oder historische Wildbeuter Kulturen zeigten kein Interesse an himmlischen Phänomenen, ist downright falsch, noch sehr viel verkehrter als ihre Annahme, vor Marshack sei es noch niemanden beigefallen, astronomisches Interesse bei Mesolithikern zu vermuten.
Leo Frobenius war, soweit ich sehen kann, der Einzige, dem es dämmerte, womit er es in den Felsbildern zu tun hatte. In seiner 1934 erschienenen Kulturgeschichte Afrikas fragte er (146):"War es so, daß diese Mittelsteinzeitler, als sie in die Wände ihrer sicherlich frommer Weihe dienenden Unterwelt ihre Bilder einritzten, zwar Bilder von Tieren malten, aber das Wesen der Gestirne, der Sterne, des Mondes und der Sonne im Herzen trugen?" Kurz darauf redet er (ibid.) von der " 'Ersten Kunstperiode' der Menschheit, in der die Künstler... die Tiere die Rolle der Gestirne spielen ließen", später (187, s.a. 188) von der "Gestaltwelt der astralen Tiermalerei und Tierbildnerei... in der Mittelsteinzeit. Die Umwelt des damaligen Kultus aber war die Unterwelt, die Höhle das natürliche Heim der Nachtrolle des gestirnten Himmels." Unpraeciser geht's kaum, wie er denn überhaupt mit der deutschen Sprache nicht auf intimem Freundschaftsfuße stand. Aber er hat gewittert, daß man die gemalten Tiere nicht 'beim Wort' nehmen darf, nicht bei ihrer zoologischen Gestalt. Wäre er nicht, wider besseres Wissen, ein Evolutionist geblieben, und hätte er ermessen, was die Prägung von Sternbildern bedeutete, so wäre mir viel Arbeit erspart geblieben: anerkannte Größen zu zitieren, ist sehr viel bequemer als das eigenköpfige Ausdenken brauchbarer Lösungen. Aber soweit ist er eben nicht gegangen, sondern hat es bei so vaguen Wendungen wie "astrale Tiermalerei" 'bewenden lassen…

Es war wieder Frobenius, der so ganz nebenbei an zwei Stellen seiner "Kulturgeschichte Afrikas" (1934) von der "Gestaltwelt der astralen Tiermalerei und Tierbildnerei... in der Mittelsteinzeit" sprach. Er ist nicht wieder darauf zurückgekommen, und andere haben diesen Wink mit dem Zaunpfahl offensichtlich überlesen.
Frobenius wäre wahrscheinlich nicht auf die Idee gekommen, daß die frankokantabrischen Tierbilder Sternbilder darstellen, wenn er nicht absonderliche Stories von Buschmännern vernommen hätte, denen zufolge z.B. die Sterne Elenantilopen seien, und denen zufolge man die Knochen getöteter Tiere nicht zerbrechen dürfe, "sonst vergeht das Licht des Sternhimmels" (Kulturgeschichte p130). So auf Anhieb verrät Ihnen solche Angabe gar nichts: da fehlt ein Zwischenglied, das man kennen muß.
Die wilden Tiere verfügen entweder über einen Wildherrn - den sogenannten "Herrn der Tiere" - oder aber jede Wildtier-Spezies hat ihren eigenen Wildherren, und dieser belebt die getöteten Tiere wieder aus ihren Knochen; das funktioniert aber nur, wenn die Knochen unverletzt sind, und deshalb sorgen alle Jägervölker dafür, daß die Wildknochen unversehrt und sorgsam gesammelt und gebündelt dem Wildherrn zurückerstattet werden.
Sie zitiert dann nochmals Frobenius:
Und da wäre noch etwas zu berichten, ein Erlebnis, das Frobenius mit Pygmäen im Kongo Urwald hatte, und das ihn möglicher Weise zuerst dazu veranlaßt hat, über "astrale Tiermalerei" nachzudenken. (s. Kulturgesch.127 f. Urbild 16 18):
Frobenius meint dazu (Kulturgesch. 128 30): " Dieser Maßnahme muß eine sehr wesentliche und vielsagend Vorstellung zugrunde liegen, die nicht ohne weiteres deutbar ist. Klar ist, daß Sonne und Blut eine große Rolle spielen. Das Bild des Tieres ist augenscheinlich mit dem Tiere selbst gleichgesetzt und ebenso auch wohl der Pfeilschuß mit dem Sonnenstrahl. Hier scheint mir der lösbare Teil..... Also muß das Bild nicht einfach vernichtet, sondern bei Sonnenaufgang zunichte gemacht werden. Demnach nimmt die Sonne mit einem ersten Strahl das Leben des Tieres an sich, und mit einem zweiten wendet sie die Gefahr der Blutrache vom Jäger, das heißt wohl, daß die Sonne das Leben der Antilope zurückgibt."
Aber die von Frobenius beobachteten Kongo Pygmäen gingen ja auch nicht auf die Jagd, ehe nicht der erste Sonnenstrahl und gleichzeitig ein Pfeil das Bild der Antilope getroffen hatte. Von "primitiver Jagdmagie" kann die Rede nicht sein.

 

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