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Damit Sie mir nicht auf die abwegige Idee verfallen,
der Norden unserer verehr-lichen Spezialvorväter tanze aus der
Reihe, sei Ihnen mitgeteilt, dass der Meisterschütze Egil/Orvandil,
Bruder des Völundr, den Hvergelmir bewacht, aus dem alle Flüsse
kommen und zu dem sie zurückkehren.
Die ägyptische Satit, wohnhaft im ersten Katarakt, richtet ihren
Pfeil auf die Sothis-Kuh (s. Einschub zu p 105); der chinesische Pfeil
zielt auf den Sirius-Wolf - jeder alte chinesische Kaiser musste "meandering
arrows" auf den "loup zig-zag" schießen können,
sonst war es um seine Legitimität schlecht bestellt.
Sölches musste er unter Orchesterbegleitung tun; demjenigen,
der nicht im absolut richtigen, vom Orchester diktierten Sekundenbruchteil
den Pfeil ab-schnellte, dem half auch kein Volltreffer: der Ver-messene
war entlarvt. Confucius 'persönlich' fand es eine bewundernswerte
und seltene Fähigkeit, Zielsicherheit des Auges und Aufmerksamkeit
des Ohres auf den Rhythmus des Orchesters so mit der Handfertigkeit
zu kombinieren, dass der Pfeil zur rechten Zeit das rechte Ziel traf.
Jedenfalls behauptet das das Li-Ki .
Sie sind zwar kein Orchester, aber meine Ver-messenheit ist entlarvt,
und ich muss um Entschuldigung bitten. Alles, was mit dem Bogen zu
tun hat, ist buchstäblich entscheidend für Anfang und Ende
von Weltaltern, und ich hätte mit diesem sujet keinesfalls in
das Gedränge der beiden letzten Stunden geraten dürfen.
Der Bogen ist darum so Raum- und Zeit verdrängend, weil seine
Funktion vielschichtig und mehrdeutig ist von Beginn an; es handelt
sich eher um ein Prinzip, denn um ein einziges zweckbestimmtes Instrument:
wir haben mit dem Schießbogen, dem Musikbogen, dem bowdrill
zu tun. Etwa ist in Ägypten pd.t "Waffe des Königs,
der Krieger, eines Gottes,...Bogen des Drillbohrers" (Wb.l, p.568)
und gehört, ausgerechnet, zum Upuaut, dem oberägyptischen
Wege-öffnenden Wolf (Kees: Opfertanz 135f.,239). So mag es mehr
als einen zureichenden Grund haben, dass die chinesischen Darstellungen
zwar den himmlischen Wolf, Sirius, zeigen, und unten einen Mann nebst
gespanntem Bogen, einen Pfeil hingegen nicht.
Worauf es zuvörderst anzukommen scheint, ist beim Bogen die Sehne,
und mithin
das Bespannen des Bogens, und das Entspannen. Beim Lao-tse heißt
es (Tao-te-king 77) vom Tao des Himmels, es gleiche dem Spannen eines
Bogens.Das Hohe zwingt er nieder zu fallen, das Tiefe sendet er zur
Höhe empor. Wozu der Freiherr v. Thimus sogleich das heraklit
Frg. (Porphyrius antr. Nymph.c.29, p.268) heranzieht: palintonos he
harmonia, he toxeuei dia ton enantion, "Zweifach den Bogen spannend
ist die Harmonie, die den Pfeil schießt durch die Gegensätze".
Beim Plutarch, darauf verweist der alte Pape (Wb.s.v. palintonos,
Plut.De Is. c.45), liest es sich : palintonos gar harmonia kosmou
hosper lyres kai toxou, und das zielt auf Anspannung und Abspannung.
Dazu hören wir nun von Al-Biruni in einem passus von Tamhid al
Mustakam (Hyderabad ed.16, 15 -oder 1-5), den Professor Schramm mir
vor ein paar Jahren übersetzte, das Folgende:
"Was nun seine (des Ausdrucks watar, Sehne) primäre Art
betrifft, so entspricht sie der Ansicht der Alten über die Verknüpfungen
(ribatat) der Gestirne, und über deren Rückläufigkeit
beim Straffziehen der angebundenen Sehne und über deren Rechtläufigkeit
bei ihrer (der Sehne) Lockerung. Da dem nun nach Ansicht derer, die
Rück- und Rechtläufigkeit genau untersucht haben, die Epizykel..
sphaere (follak al-tadwir) entspricht, bezogen sie deren Zustände
auf die Ursache, die bei der Allgemeinheit (derer, welche sich überhaupt
mit den Gestirnen befassten, ohne sie genau zu untersuchen) bekannt
war, nämlich die verknüpfende Sehne".
Die Amateur-Astronomen also führen die Zustände
der Epizykelsphäre auf die verknüpfende Sehne als Ursache
zurück. Mit diesem Zitat will ich nicht etwa insinuieren, die
Epizykeltheorie sei tottering with age, eher das Gegenteil, für
die Bewegung der Epizyklen passt das alte Bild schlecht - und warum
das Straffziehen die Rückläufigkeit bewirken soll, das Lockerlassen
die Rechtläufigkeit verstehe ich auch nicht recht, aber es scheint
sich um das Gleiche zu handeln, was Nonnos anaseirazo nennt, was auf
die goldene Seira ein neues Licht werfen könnte.
Dies nur, nm Ihnen die 'Dimensionen' der Bogensehne
anzudeuten. Dass es sich nicht um blutjunge 'Spekulationen' handelt,
können Sie daraus ersehen, dass die Sehne von Jupiters Bogen
rta ist. (Bloß können Sie's nicht direkt sehen, weil solche
Zeile sich liest, "the string of which is holy order", und
der Bogen gehört dem Brhaspati. Brhaspati ist Jupiter - immerhin
ist 'holy order' noch wesentlich besser als 'Wahrheit'. Keith, MAR
p.45). Und rta ist, wie tao und maat und me, Tane's sky-measure. Marduk's
Bogen mulBAN wird im Enuma elish am Himmel aufgehängt; vom Bogen
der "unter dem Himmel aufgehängt" wird, hören
wir in einem demotischen Text (Volten, Festschr. Junker 2, p.354 -ein
Artikel, dessen Miserabligkeit in keiner zivilisierten Sprache ausgedrückt
werden kann); Jahwe tat solches, d.h. das Bogen auf-stellen oder hängen,
als Zeichen des Bundes mit Noah (Schlagen Sie sich hier und an anderen
Stellen Regenbögen aus dem Sinn: es heißt keset, Kriegsbogen
- die Morgenröte jagen Sie besser auch gleich mit fort). Im Falle
Marduk und Jahwe, und in Ägypten wird nichts Tiefsinniges, bzw.
Mathematisches erläutert, so sieht es jedenfalls aus. Es war
aber auch garnicht nötig in alten Zeiten, weil man da ohnedies
Bescheid wusste - das ägyptische Land der "Bogen" etwa
ist der 1. oberägyptische Gau, am ersten Katarakt, enthaltend
Khnum von Elephantine, der Krug-Gott "der Meß-strick ist
dort, und die Schreibtafel", sagt die Hungersnot-Stele - Philae
mit dem Grab des Osiris, die Insel der Isis, die Insel Sahel mit der
Bogenschützin Satit: die Ägypter waren 'im Bilde'.
Dass das Be-spannen des Bogens, das Aufziehen der Sehne, ausschlaggebend
ist, das kommt klar genug ans Licht im 21. Gesang der Odysee. Die
Freier sind außerstande, die Sehne auf den Bogen aufzuziehen;
das Verbum ist tanyo, und wird gebraucht für das Bespannen der
Bogen, kanona tanein "das Webschiff straff anziehen und weben"
(Pape), und beim Aufziehen von Instrumentalsaiten (Fußnotenoch
einfügen!!). Es kömmt mir außerordentlich unwahrscheinlich
vor, dass Homer nur so poetisch den Odysseus mit einem Leier-kundigen
vergleicht.
Od.21.406-9. "So wie ein Mann, der sich auf's Singen versteht
und die Leier, Mühlos über dem neuen Wirbel die Saite sich
aufspannt
Da er den festen Darm an beiden Enden befestigt:
Also mühlos spannte den großen Bogen Odysseus."
Der neue Wirbel deucht mich nicht uninteressant .
Wozu Sie noch Folgendes bedenken möchten, dass nämlich der
Öberschte der Freier, Antinoos, die Bogenspann-Konkurrenz abgeblasen
und. auf den nächsten Tag verschoben hatte, weil (21. 258-9)
"Heute feiert das ganze Volk des Schützen Apollon Heiliges
Fest; wer wollte da den Bogen bespannen!"
nyn men gar kata demon heorte toio theoio hagne. tis de ke toxa titainot.
Der göttliche Sauhirt reicht gleichwohl den Bogen
seinem Herrn, und Odysseus bespannt, und benutzt, heimgekehrt nach
20 Jahren, am Tage des Schützen Apollon den Bogen - er zieht
die Saite straff mittels eines neuen Wirbels.
Vorher war schon manch Bedeutsames geschehen: erst war der Hund gestorben,
im Moment, wo er seinen Herrn heimkommen sah; die Müllerin hatte
die Mühle zum Stehen gebracht und Zeus um ein Zeichen gebeten,
dass dies die letzte Nacht für die prassenden Freier sein möge.
(Ob es bedeutsam ist, dass ein Freier dem Odysseus eine Kalbskeule
an den Kopf wird, weiß ich noch nicht).
Ptolemaios beschäftigt sich in der Tetrabiblos 4.10.205 mit den
Lebensaltern der Menschen und welchen Planeten sie unterstehen. Die
ersten 4 unterstehen dem Mond, die nächsten 10 (5-14) dem Merkur,
wozu Ptlemaios bemerkt, dies sei die Hälfte des Zeitraums von
20 Jahren; die nächsten 8 Jahren gehören der Venus, die
folgenden 19 (23-41) der Sonne; 15 Jahre herrscht der Mars (42-56),
dann Jupiter für 12 Jahre, vom 69.Jahre bis zum Tode Saturn.
Dazu erläutert Franz Bell (Die Lebensalter, in: Kleine Schriften
zur antiken Sternkunde, p.196):
"Die 19 Jahre der Sonne sind der bekannte Metonsche Zyklus; 8
Jahre umfasst der kleinste Zyklus der Venus, 15 der des Mars; der
Jupiter läuft in ungefähr 12 Jahren in seiner 'Dodekaeteris'
einmal durch die Tierkreiszeichen.So bleibt nur der Zyklus des Merkur
(10 Jahre) vorläufig ohne nachweisbare astronomische Begründung;
doch weist Ptolemaios selbst auf ihn als auf die Hälfte eines
Zwanzigjahrzyklus des Merkur hin."..."Der anonyme Exeget
zu Tetrab." erklärt die 10 Jahre statt der 20 damit, dass
Merkur diphyes sei. (In LCL "because of the latter's double nature,
according to the Anonymous").
(Boll tat natürlich, was jeder brave Adept des Gewerbes tun würde,
er befragte Kugler nach babylonischen Planetenzyklen, fand dort aber
nur - 1, 43f. - als kleinsten Merkurzyklus den von 13 Jahren angegeben.)
Hier nun kommt uns mein junger Freund Oscar Marcel Hinze zu Hilfe,
der sich - ganz wie Kepler - auf etwas versteht, was er "Gestalt-Astronomie"
taufte, und worüber er einen Artikel schrieb, der (endlich!)
im 5. Band von Symbolen veröffentlicht worden ist.
'Gestaltastronomisch' bildet die Venus in 8 Jahren ein Pentagramm,
das haben Sie schon gesehen. "Der Zeitraum, der für eine
ganze Umdrehung des Pentagramms benötigt wird, beträgt rund
1250 Jahre" (208, n.65). Der Merkur hingegen bildet ein Hexagramm.
Sagt Hinze (S.205):
"Fixieren wir die oberen Konjunktionsorte von Merkur und Sonne
im Tierkreis und denken sie... verbunden durch Linien, so erscheint..
ein Trigon... Tragen
wir die Liniengestalt hinzu, welche durch die..unteren Konjunktionsorte
entsteht, so ergibt sich gleichfalls ein Dreieck, das sich aber zum
vorigen Dreieck spiegelbildlich verhält."
Anders ausgedrückt: ein Trigon bildet Merkur
als Morgenstern, das andere als Abendstern - das ist wirklich diphyes,
und ich halte das für einen, wenn nicht den Grund für den
hermaphroditischen Merkur; die Venus schießt ihr Morgenstern-pentagramm
in einem Zuge durch, das Abendsternpentagramm ditto, es weicht nur
wenig ab. Das gibt keine Bisexualität - Sie können höchstens
sagen, Pentagramm 1 sei männlich, Nr. 2 weiblich; in der Tat
ist Venus als Morgenstern häufig, wenn nicht immer, männlich
- darüber weiß man aber noch nicht genug. Die beiden Pentagramme
ergeben jedenfalls nichts zusammen, keine Figur.Die 2 Trigone des
Merkur aber geben zusammen das Hexagramm.
Und, so sagt Hinze:
"Für eine volle Umdrehung im Tierkreis benötigt das
Hexagramm ziemlich genau zwanzig Jahre."
Die 20 Jahre des Merkur sind also eine "gestaltastronomische"
Periode, ganz wie die 800 Jahre des Trigons der großen Konjunktion,
die es braucht, um durch die
4 elementaren Triplizitäten zu wandern.
"Um durch sämtliche Tierkreiszeichen hin-durchzuwandern",
sagt Hinze (203), "benötigt eine Spitze (des Konjunktionstrigon)
3 x 800 = 2400 Jahre".
Also nicht 814 oder so, wie ich Ihnen, blödsinniger
Weise angegeben hatte.Diese 2400 Jahre passen aber obendrein viel
besser in das Konzept! Sie kommen einem 'Jahr' der Präzession
von 26 000 Jahren viel näher. Und jetzt möchten Sie wissen,
was uns eine Merkurperiode von 20 Jahren angeht, wenn wir doch höchstens
wissen wollen, warum der Odysseus am Apollonstag nach 20 Jahren seinen
bogen bespannt (mit neuem Wirbel, sozusagen). Es gibt Verdachtsgründe
genug, den Apollon für Merkur zu halten; Verdachtsgründe
auch, um den Odysseus für eine 'Portion' des Merkur zu erachten;
mit diesen wollen wir uns aber garnicht erst aufhalten, zumal es auch
Gründe gibt für die Gleichsetzung von Apollon mit Mars der
alte Roscher hat eine ganze Abhandlung in diesem Sinne geschrieben.
Gewichtiger ist schon ein Tatbestand, der den Anton Scherer Wunder
nimmt, dass im Persischen der Sirius auch öfters Tira geheißen
wird, anstatt Tishtriya, und Tira ist der Name des Planeten Merkur
ebendort.
Sehr viel gewichtiger ist die ägyptische sogenannte
"Schnurspannungs-Zeremonie", mittels deren die Grundrisse
von Tempeln determiniert wurden.
Und die scheint ohne Thot nicht abzugehen - der Pharaoh wird häufig
"Sohn des Thot" angeredet, es heißt sogar der Pharaoh
"als Gott Thot" spannte die Schnur.
Das ägyptische Gegenstück zum verbum tanyo gibt einem zu
denken, vom ersten Buchstaben an. Da haben wir im Äg-WB. 1, S.489
erst einmal den nackten Buchstaben p.Folgt S.490 pt der Himmel, auch
im Dual. Alle, gleichwie spannenden Worte überspringend kommen
wir zu S.565 pth, dem Gott Ptah, nebst 'bilden' und 'öffnen',
alswelches ein semitisches Lehnwort sein soll (die Belegstellen reden
vom Öffnen von Augen, Mund, Unterwelt, und vom 'Erschließen'
eines Gewässers).S.567 beschert uns pd, ausspannen, austrecken,
I. einen Strick...Besonders vom Spannen des Stricks bei der Grundsteinlegung.II.
vom Spannen des Bogens, vom König als Schützen. S.568 bietet
uns das 'Flügel ausbreiten', 'sich ausstrecken über' speziell
von der Nut - just wie sich beim Hesiod Ouranos etanysseto über
Gaia (Theog. 177). pd.t der Bogen ..Übertragen I "die Bogen"
als Bezirk des Himmels (Pyr.) II. "die Bogen" als Bezeichnung
der neun alten Völker."
Mit ein wenig Aufmerksamkeit könnte man schließlich vom
ägyptischen Bogenland (und von Dendera) auf den gemeinten 'Bezirk
des Himmels' schließen, aber das sei ferne der Zunft. Das Bogenland
ist der erste oberägyptische Gau am 1. Katarakt, enthaltend Syene/Assuan
(d.h. den Wendekreis des Krebses), Elephantine nebst Gott Khnum, die
Bogenschützin Satit, das Grab des Osiris und die Insel der
Isis. Es ist zwar bedauerlich, dass, wie wir von W.Max Müller
(MAR 12, p.91, cf. 45ff.86,147) hören, in der Griechisch-römischen
Zeit "even the cosmic meaning of Nubia as the corridor to the
underworld, or as the underworld itself, had been completely forgotten"
- aber das ist ja kein zwingender Grund, es bei diesem Vergessen bewenden
zu lassen. D e n k s t e !
Aus schierer Freude am Ärgernis, so scheint es, dribbelt uns
Heinrich Schäfer einen Verdachts-Ball zwischen die Füße
(OLZ 34, 1931, Ap.94ff.): pd meint er, sei gleich griech.helko d.i.
den Bogen zum Schuß anspannen - es scheint nämlich in einer
Inschrift über Amenhotep II zu heißen, er solle seinen
Bogen bis zu den Ohren spannen, also die Sehne bis zu den Ohren an-reißen
(s.Bild).Das Pendant zu tanyo, das Aufziehen der Sehne, hingegen erkennt
er in dem ägyptischen Verb ith. Das könnte ja durchaus sein,
und wer wollte den Profis vorgreifen? Aber dann will der Scholar mittels
dieses ith andere unklare Textstellen aufhellen, und bei dieser Gelegenheit
tun wir einen Blick in den Abgrund (chasma pelorion entha kai entha)
übersetzerischer Präzision. Ich habe die Xerox-Kopie mitgebracht,
weil Sie mir sonst nicht glauben würden.
Sagt H.Schäfer: "In dem Preisliede auf Sesostris III wird
dieser überschwenglich
genannt:
'Der die Bogenvölker tötet, ohne mit der Keule zu schlagen'....
Natürlich könnte man an sich (!) auch übersetzen:
'Der den Pfeil abschießt, ohne die Sehne zu spannen! (So Erman,Lit.179)
Aber kommt nicht die übersteigernde Redeweise des Textes noch
nachdrücklicher heraus, wenn man liest:
'Der den Pfeil abschießt, ohne (auch nur) die Sehne aufzuziehen'?
Wenn diese drei Sätze gleichberechtigte Übersetzungsmöglichkeiten
sind, dann lässt man besser spornstreichs jede Hoffnung fahren.
Wir sind jedoch, Gott sei Dank, nicht auf die Ägyptologen alleine
angewiesen - und generell nicht auf die aufgeblasenen philologoi -
hinsichtlich des Bogenspannens und des Pfeilschießens am allerwenigsten.
Dort, wo uns Götter abgehen, die ihre Bogen an den Himmel hängen
(wie im EE und im AT), oder 'Ur'-Kaiser, die ihre Legitimität
durch Meisterschüsse beweisen, und, als deren Gegenbild, die
königlichen Hyper-Schurken, die unberechtigt schießen,
und auch noch vorgeben, sie hätten Gott getötet -China bis
Westfrankreich, einschließlich Nimrod und Kai Kaus - da stellen
uns Melanesier und Indianer ein "Bild" zur Verfügung,
das an Korrektheit den kaiserlichen Schützen um ein Erkleckliches
übertrifft: die Pfeilkette, die ein Held in den Himmel schießt,
und die die 'Irdischen' als Himmelsleiter benutzen, so lange als dieser
'Weg' halt vorhält: die Pfeilkette reißt nach einer Weile,
dann bleibt ein Großteil der Beteiligten 'mitten in der Luft'
hängen, oder aber der Held bringt das Kunststück zum zweiten
Male nicht zuwege. (Betrachten Sie Ihre planetarischen Fahrpläne!
Die Aussichten der Planetenhelden sind ja doch vernichtend gering!).Tatsächlich
hätten wir einen Fall gehabt, in dem sogar der musikalische Charakter
der chinesischen Bogen-Zeremonie erhalten geblieben ist: In British
Columbia (Lower Frazer River) wollten die Erd-Leute in den Himmel
steigen, um den verloren gegangenen Sohn des Rotspechtes und des Adlers
wiederzuholen.Nur Tamia, Enkel von des Spechts Frau, wußte 'Bescheid'.
He began to sing: 'I am Tamia! I fear not to shoot at the sky', while
his grandmother... beat time to the song. Having thus attuned himself
to the proper pitch, he tcok his bow and shot arrow after at the sky,
until the arrows formed a chain.
Wenn Sie dazu jenen berühmten 'blue vault' assoziieren, so wird
Ihnen, rechtens, speiübel - aber chronische Übelkeit scheint
der Zustand zu sein, den die philo* logoi aller Sparten bevorzugen,
enthebt er sie doch, wenigstens, jeden Gedankens. Gegen Affekte und
Emotionen haben sie nichts einzuwenden.
Und auch manche indianischen Pfeilketten-Geschichten erwecken den
Eindruck, als sei die Anwesenheit des Merkur unerlässlich - wenn
etwa nur der Zaunkönig zu schießen vermag (Quinault, Pend
d'oreille); alleine aber schafft er es nicht, denn auf das Zielen
versteht sich nur die Schnecke: dieses wunderliche Schützen-Team
nimmt sich aus wie eine iunctio von innerstem und äußerstem
Planeten, Merkur und Saturn (als Schnecke käme allenfalls auch
Jupiter in Betracht).
In jedem Falle wird eine für einige Zeit brauchbare Verbindung
zwischen Himmel und Erde geschossen - über Sirius führt
sie immer. "Satit von sat, iacere, proi[i]cere" ist eine
sehr gute Formel. Damit ist natürlich noch keine Antwort auf
Spezialfragen gegeben, z.B. welchen Weg die Argonauten öffneten,
als sie die Simplegaden bezwangen und der Erde "neue Gesetze"
gaben, wie Claudian sagt, oder welche "verbotenen Wege"
die Aloaden bauen wollten, als sie den Pelion auf den Ossa türmten.
Einigermaßen sicher bin ich mir nur über jenen ersten "Fall",
die Eröffnung des Weges in die Unterwelt durch 'Katasterisierung'
des Eridanus (Wirbel geheißen, Zalos), qui ab Orionis pede defluit,
d.h. von ß-Orionis,Rigel, welcher Stern, bezw. wessen Taurus-Grad
noch im Liber Hermes Trismegisti "vocatur mors", und von
dem die Maori sagen, er markiere den Weg zum Hades (während über
ihrer Urheimat Castor, a-Geminorum erglänzte).
Zum vorläufigen Abschluß des höchst unzureichenden
Querschnitts durch die Toxo-logie oder Bogenlehre hören Sie sich
aber noch eine nordwestamerikanische Story an, die man - je nach Geschmack
- als Westentaschen-Kosmologie ansprechen könnte, oder als Falt-,
Knirps-, oder auch Nes-Kosmologie - aufgeschrieben von Franz Boas,
der keinerlei Ahnung von der 'Gewichtigkeit' des kindisch klingenden
Märleins gehabt hat (s. Einschub zu p. 112).