Frau Hertha von Dechend wurde am 5. Oktober 1915 in Heidelberg
geboren. Ihre Eltern waren Dr. phil. Alfred von Dechend und Elsbeth
von Dechend. Ihr Großvater, Hermann von Dechend, war der erste
Reichsbankpräsident gewesen, ihr Vater Alfred, ein promovierter
Chemiker, verlor in der Wirtschaftskrise (1929) seine Arbeit und trennte
sich von der Familie.
1925 tritt sie in das Heidelberger Mädchenrealgymnasiums
ein und 1930 in die gymnasiale Abteilung derselben Schule
1934 macht sie ihr Abitur.
Uta Lindgren (eine guten Freundin) erzählt: Sie hatte ihre Ablehnung
der Nazis bereits so deutlich kundgetan, daß sie das Abiturszeugnis
nur mit Mühe erhielt.
Am 15. Juni 1934 trat sie als Volontärin in das Forschungsinstitut
für Kulturmorphologie in Frankfurt am Main ein, wo sie im Archiv
und in der Photoabteilung tätig war und die Bibliothek verwaltete.
1936 leistete sie den Arbeitsdienst ab.
1936 bis 1939 Im WS 1936/37 begann sie mit dem völkerkundlichen
Studium an der Uni Frankfurt. Daneben war sie weiterhin am "Forschungsinstitut
für Kulturmorphologie" tätig und verwaltete dort die
Privatbibliothek von Geheimrat Leo Frobenius bis zu seinem Tod 1938.
(nach Angaben von U. Lindgren: fand sie 1934 ohne Studienerlaubnis
Unterschlupf im Frankfurter Museum für Völkerkunde bei Leo
Frobenius). Im städtischenVölkermuseum beteiligte sie sich
an den Magazinierungs- und Neuaufstellungarbeiten.
1939 promovierte sie mit der Dissertation über "Die
kultische und mythische Bedeutung des Schweins in Indonesien und Ozeanien".
Das Thema ihrer Diss. erhielt sie von Geheimrat Frobenius. Tag der
mündlichen Prüfung war der 8. Nov. 1939.
1940 setzte sie ihr Studiums der Geschichte der Naturwissenschaften
und Philosophie
an der Universität Frankfurt fort
1940 bis 1941 wurde sie zum Nachrichtendienst der Luftwaffe in
Paris verpflichtet, s. unteres Bild.
U. Lindgren im Nachruf:
Obwohl sie kein Wort Französisch verstand, nahm sie rasch Kontakt
auf zu den Ethnologen im Musée de L'Homme, mit denen sie sich
nicht nur auf der wissenschaftlichen Ebene gut verstand, sondern deren
politische Haltung sie teilte.
1939-1945 wird sie im Frobenius Institut als eine assoziierte
wissenschaftliche Mitarbeiterin gelistet.
1941 bis 1960 Sekretärin, Bibliothekarin und Assistentin
am Institut für Geschichte der Naturwissenschaften (IGN). Ihr
Chef dort war Prof. Dr. Willi Hartner. Anderen Infos zufolge
war sie erst ab November 1943 zeitweise am IGN.
Es gibt ein Entlassungsschreiben aus dem Forschungsinstitut für
Kulturmorphologie von Prof. Dr. Jensen aus dem Jahre 1946.
Ihre Tätigkeiten während 1943 bis 1960:
1953 veröffentlichte sie: Justus von Liebig in eigenen Zeugnissen
und solchen seiner Zeitgenossen.
Bei einem Symposium in Frankfurt 1958 lernte sie Giorgio de Santillana
(Professor für Wissenschaftsgeschichte) kennen. Anschließend
verbrachte sie auf Einladung von Giorgio de Santillana jährlich
einige Monate am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge,
Mass., USA.
1960 Habilitation -Venia Legendi für Geschichte der Naturwissenschaften
(Thema "Der Mythos von der gebauten Welt als Ausdrucksform archaischer
Naturwissenschaft I und II")
1966 Ernennung zur außerplanmäßigen Professorin.
1969 veröffentlichte sie zusammen mit Giorgio de Santillana
Hamlet's
Mill, An Essay on Myth and the Frame of Time, Boston 1969. Darin
wird ihr der größere Teil der astronomischen Informationen
zugesprochen.
1977 veröffentlichte sie Bemerkungen
zum Donnerkeil (erschienen in: Prismata, Festschrift für
Willy Hartner)
U. Lindgren erinnert sich: Hertha von Dechends berufliche
Karriere in Frankfurt verlief weniger spektakulär. Zwar wurde
sie, wie damals üblich, 6 Jahre nach ihrer Habilitation zum apl.
Professor ernannt, jedoch erst 1971, neun Jahre vor Erreichen der
Altersgrenze, zum ,,Professor auf Lebenszeit".
In dieser Zeit hielt sie jedes Semester ihre Vorlesungen und zugeordneten
Seminare ab, wenn sie nicht in den USA weilte.
1980 Pensionierung. Sie hielt jedoch weiterhin Seminare auf privater
Ebene in einem Kreis von etwa 8 Zuhörern ab, oft im Wohnzimmer
der Familie Volhard.
1985 gab es einen Artikel in der FNP (5. Okt. 85) zum 70. Geburtstag
von Stephan Fuchs:
Dann konnte sie in der Folgezeit zusammen mit Prof. Mayama ein Zimmer
im IGN beziehen, das sie, aus Kronberg angereist, einmal in der Woche
nutzte, um Besuche zu empfangen oder Arbeitsmaterial aus der Bibliothek
zu benutzen.
1993 erschien die Deutsche Ausgabe von Hamlet's Mill: Die Mühle
des Hamlet, 1993. Ein Essay über Mythos und das Gerüst der
Zeit (Berlin, Kammerer und Unverzagt, Computerverl., dann Springer
Verlag)
Am 23. April 2001 starb sie im Markus-Krankenhaus in Frankfurt.Am
11. Mai Trauerfeier am Frankfurter Hauptfriedhof, am 20. Juni Urnenbeisetzung
im Grab der Familie Volhard.
Das IGN selbst wurde 2009 geschlossen.
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