Germaine Dieterlen und Marcel Griaule (Paris, 1965) Der "helle" Fuchs Kapitel V Die Arche des Nommo Der Inhalt der Arche. Die Ankunft der Arche. Die Arche auf der Erde. Die Darstellungsarten der Arche des Nommo. Der im Wasser wiederauferstandene Nommo. Die Sterne und das Kalenderwesen. (Teil
4/ Part 4)
zu
(Teil
1/ Part 1) |
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Die Arche Nommos, di bana koro, "Arche des Meisters
des Wassers" ist in den Familien-häusern, den Totemheiligtümern
und in der Wohnung des Hogon als rechteckige für den rituellen Gebrauch
angefertigte Holzskulptur zu sehen; sie veranschaulicht auch den dazu
passenden Funktionsbereich. 1) Beim Hogon stellt eine rechteckige Platte aus pelu-Holz,
die Platte der Aufteilung des Fleisches des de lebe genannt, die Arche
im Himmel dar (s. Fig. 166). Das Objekt wird nur einmal im Jahr benutzt,
zur Opferung, die dem de lebe dient, zum Zeitpunkt des bulu-Festes . Die
Fleischstücke des Opfers werden in die Schale gelegt, die nach Ost-West
ausgerichtet wird, bevor es vom Hogon und den Totempriestern, die ihm
assistieren, verspeist wird, die auch einen Teil der Ernte vom Feld des
Lébé erhalten. 2) In den ginna stellt stellt die "Schale der Ahnen" (vageu baña) aduno koro, Arche der Welt genannt, die "Arche auf der Erde" dar. Auch sie ist von beträchtlicher Größe und ebenmäßig aus einem kummo-Stumpf geschnitten. Die Personen mit rundem Buckel, die die Seitenflanken der Ausstellungsstücke 1 und 2 von Photo XIX schmücken, repräsentieren die mythischen Ahnen; sie rahmen das Krokodil ayo geu ein, der Ausführer der Hochwerke des Wiederauferstandenen. Aus dem Kopf und dem Schwanz eines Pferdes sind die beiden Holzgriffe des Objekts gebildet, die "Kopf und Schwanz der Arche" genannt werden . Denn nach dem Aufprall auf die Erde zog Nommo, in ein Pferd verwandelt, die Arche über den Boden bis zum Wasser. Der Zierstreifen des Sparrens, der die Seiten umschmückt, stellt die Vibration des "Wortes" und des "Weges" des sich auf dem Boden entlang schlängelnden Wassers dar: Fig. 166 - Alte Platte der Fleischverteilung des de lebe (Ober-Ogol). Die Skulptur ist vor allen Blicken geschützt und wird in einer kleinen Kammer in der ginna aufbewahrt. Es wird nur ein einziges Mal im Jahr hervorgeholt, um es für die Zeremonie des goru (wörtl. feucht ) zu verwenden. Sie wird in jeder ginna zum Wintersolstitz von der gesamten Sippe, die im Hof versammelt ist, begangen. Diese Zeremonie soll an die Landung der Arche Nommos erinnern . Die Zeremonie enthält zwei Opfer: einem Schaf wird auf dem Altar Ammas die Kehle durchgeschnitten und einer Ziege auf dem Altar der Ahnen (vageu). Das rohe Fleisch der Opfer wird in 7 Stücke zerteilt - die die 7 Darlegungen des Wortes bedeuten, die im po enthalten sind - und werden ein erstes Mal in die Schale gegeben; nachdem sie gekocht wurden, wird das Fleisch ein zweites Mal in das Holzstück gelegt und darauf an die vier ältesten Männer der Sippe verteilt, dann an die Frau des Patriarchen, die es mit drei weiteren Frauen der Familie teilt. Diese Aufteilung unter 8 Personen - die die 8 Ahnen repräsentieren - soll auch an die Erscheinung der achten Darlegungen des po-Samenkorns erinnern, das nach der Explosion herausgeschleudert wurde. Theoretisch durch die Vermittlung der Essenden erhalten eigentlich alle ihren Teil, "denn der po hat die Welt in Schwung gebracht". Während des Opfers trägt der Patriarch ein langes Bittgebet vor; nach der Anrufung Ammas, Nommo und den Sippenahnen, sagt er: " das Tier, das man dem vageu geopfert hat, dessen 7 Teile man in die Schale gegeben hat, das ist wie die 7 Gelenke des Körpers des po, die Teile des Nommo sind, und die man in die leere Arche gelegt hat. Das gekochte Fleisch, das man in die Platte gelegt hat und unter den vier ältesten (Menschen) aufgeteilt hat, das ist wie die vier Teile Nommos, die in die vier Himmelsrichtungen geworfen wurden und zu vier Bäumen wurden ". Dann bat er Amma um Regen und um Wohlstand für die Sippe. Fig. 167 - Material aus Orosongo (A und B). 3 Im Totemheiligtum stellt die rechteckige Schale, binu
koro genannt, üblicherweise aus dem ga guyo-Holz hergestellt, "die
Arche im Wasser" dar, nachdem sie der Nommo, in ein Pferd verwandelt,
dorthin gezogen hatte. Die wichtigen Heiligtümer bergen manchmal
mehrere Archen, deren Gestalt und Symbolik verschieden mythische Episoden
darstellen, oder auch die verschiedenen Wesensmerkmale Nommos. Als Beispiel
führen wir hier im Folgenden eine Analyse der Objekte an, das wir
in dem Totemheiligtum Manda von Orosongo betrachten konnten: A) Das erste und größte bildet eine Art
Schachtel mit zwei dicken Henkeln und ist unten grob halbzylindrisch (s.
Fig. 167 A). Nahe einem der Henkel ist ein Loch in Form eines Bechers?
ausgehöhlt, dazu bestimmt das Blut der Opfer zu empfangen. An den
Längsseiten des Behälters sind jeweils vier Brüste? angebracht.
Diese 8 seitlichen Wülste verweisen auf die 8 Samenkörner und
die 8 Ahnen. Diese Kiste repräsentiert die Arche, als sie vom Himmel
kam, voll mit all dem, was Amma hineingelegt hat, im besonderen die Körner,
von denen Nommo, nun im Wasser, die spirituellen Prinzipien bewahrt. Fig. 168 - Material aus Orosongo (C). B) Die zweite sieht aus wie ein kleiner Trog mit
einen in der Mitte länglichen Fach, flankiert von zwei Löchern
der selben Tiefe (s. Fig. 167 B). Das ganze ruht auf einem etwas größeren
und flachen Boden, der aus einem Block gehauen? ist und mit acht Wülsten
versehen ist, die auch aus einem Block gehauen sind. Der "trockenen
Nahrung" geweiht, impliziert die Symbolik des Objektes eine Dynamik,
nämlich "den Marsch der Körner in die Welt". In der
Kuhle links, die dem Nommo zugeordnet ist, wurden die Körner erzeugt.
Er schickte sie nach außen in die rechte Kuhle, wo die Menschen
sie dann aussäen sollen. Um dort hinzugelangen müssen sie die
Aushöhlung in der Mitte durchqueren, die trockene Domäne des
Fuchses; das ist der Grund, weshalb die Menschen sie trocken (im Trockenen)
ernten. 1) Die Holztrommel, koro, verkörpert die Arche Nommos.
Sie wird aus dem kumuni-Holz hergestellt; sie hat die gleiche rechteckige
Form wie der koro bOgu, "koro im Bauch-nabel", ein Bild der
Arche und der Plazenta von Ogo, hat aber nicht ihre seitlichen Wülste.
Das Spiel auf dem Instrument, abwechselnd wird an den Rand und auf den
Boden geschlagen, d.h. auf den Himmel und auf die Erde, soll auf das Herabsinken
der Arche anspielen. Während der koro bOgu von Kindern im Busch gespielt
wird, die die Felder während des Aufwachsens der Hirse bewachen,
wird der koro auch von Kindern im Dorf gespielt, als Zeichen der Freude,
daß die Hirse reif und gut sei. Denn der Klang der Holz-trommeln,
gut für alle Menschen, begünstigt das Wachstum des Getreides;
die Hirse "hört den Klang" des Instrumentes mit ihren Blättern,
der sich durch die Luft ausbreitete und in die Blätter eindring,
wie der Regen. Man sagt vom Klang des koro: "Seine Stimme (Klang)
und der Regen, beide (sind) eins; die Stimme, die sie (die Hirse) einfängt
ist die Stimme eines milden Herzens "; Man sagt auch , daß
die Lebenskraft, nyama, durch den Schlag des kleinen Stockes zum Instrument
gelangt und es durchdringt; von da an, erreicht sie durch den Klang die
Hirse. Man spielt den koro auch bei der Ernte.
Fig. 169 - Das i-Spiel. Das regelmäßige Spielgerät ist mit zwei
Reiehn von 8 Kuhlen versehen, die nebeneinander liegen, sowie zwei ausgehöhlte
becherähnliche Griffe an beiden Enden; das ganze stellt die Arche
im Himmel dar. Der Boden der Kiste - die Erde - ist mit 8 Wülsten
oder Brüsten versehen, welches die mythischen Ahnen sein sollen . Fig. 170 - Zeichnung, die zum Zeitpunkt der Grundsteinlegung des Speichers guyo ana angefertigt wird. Der togu guyo nimmt das von verschiedenen Mitgliedern der
Sippe geerntete Getreide auf, Mitglieder, die in einer bestimmten Weise
dem Patriarchen anvertraut sind. Diese Sitte verschwindet allmählich,
aber verschiedene ginna behalten dennoch den Speicher. Fig. 171 - Schema von einer der Seiten eines Dogonspeichers und seiner Verzierung. 7) Die Arche ist auch ein "Wagen". In den Totemheiligtümern
stellt eine kleine Statuette, entweder aus Holz geschnitzt oder aus Eisen
das Pferd dar, das den Wagen gezogen hat. Ein Reiter, ein Symbol Ammas,
ist manchmal neben oder auf dem Pferd, Symbol des Nommo, zu sehen. Das
wort so oder suru, das im Wazubadialekt Pferd heißt, bedeutet gemäß
einer Volksetymologie "Kraft". Das Pferd wird amba suru "die
Kraft Ammas" genannt; denn die Gestalt, die von Nommo angenommen
wurde, verweist auf seine Kraft, das Laufen des Pferdes, auf die Ausdehnung
seiner Macht auf Erden. Gemäß einer anderen Etymologie steht
das Wort so in Verbindung mit "Sprache (Wort)", denn man sagt,
daß das Pferd (Nommo) mit dem Wagen das Wort mitgebracht hat. Fig. 172 - A. Geschirr eines Pferdes. - B. yo dommolo. Die übereinander liegenden runden Holzschalen, die
vom Hogon zu zeremoniellen Zwecken benutzt werden, haben einen Deckel,
auf der eine Pferdestatuette, die den Nommo repräsentiert, angebracht
ist (s. Photo XX, 2). Manchmal bestehen die Füße des Objektes
aus einem Karussel von vier Pferden. |
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