Germaine Dieterlen und Marcel Griaule (Paris, 1965)

Der "helle" Fuchs

Kapitel V

Die Arche des Nommo

Der Inhalt der Arche. Die Ankunft der Arche. Die Arche auf der Erde. Die Darstellungsarten der Arche des Nommo. Der im Wasser wiederauferstandene Nommo. Die Sterne und das Kalenderwesen.

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Die Arche auf der Erde.

Die Arche ließ sich in der Nacht auf dem trockenen Boden des Fuchses nieder, wobei sie eine beträchtliche Menge an Staub aufwirbelte, erzeugt vom Windwirbel, den sie bei der Landung schuf. Der heftige Stoß des Landungsaufschlags verformte den Boden, auf dem sich heutzutage die Menschen und Tiere bewegen, die die Arche in sich trug. Aber da sie aus der Plazenta Nommos gemacht war, d.h. aus einer feuchten und weichen Erde, glitt sie über den Boden. Bei der Ankunft der Arche auf der Erde glitt sie auf ihrem Schlamm entlang . Beim Aufsetzen (auf die Erde) ließ das Gewicht der Arche "das Blut", mit dem die Plazenta getränkt war, bis zu Himmel hoch schießen (aufleuchten?). Dieses "Blut" trifft dann auf den Stern, ie pelu tolo genannt, den Stern des 10ten Mondes (s. p. 312), Zeuge der Auferstehung Nommos , und verleiht ihm Wirklichkeit und Strahlkraft (Brillanz).

Fig. 162 - yala, tonu und toy des ie pelu tolo (von links nach rechts)

Die Zkizze des yala besteht aus einem Kreis, der aus 4 Elementen besteht, die die 4 Himmelsrichtungen angeben; er enthält 10 Strahlen, die aus 3 Punkten bestehen, und zwar deshalb, da zwei jeweils die Hauptrichtung anzeigen, und je einer die Nebenrichtungen Nord-Ost und Süd-West.
Der toy des Sternes besteht aus einem Kreis, aus dem die Strahlen direkt herausgehen. Ein anderer Kreis, der den Stern umgibt, ist der kikinu des Blutes und Zeuge dafür, daß der letztere sein Werk im "Raum" des Nommo verfolgt, dargestellt durch die Anzahl der Strahlen; denn er ist wie die Feuchtigkeit, die um einen Flecken herumläuft, wie das Serum, das einen helleren Nimbus um das geronnene Plasma erzeugt, wenn das sich ausbreitende Blut zu trocknen beginnt .
Der Nommo war "rot wie das Feuer", denn während seiner Herabkunft hat er sich der Sonne genähert und Feuer gefangen, ist entflammt; bei der Berührung mit der Sonne wurde er weiß . Er war wie eine Flamme, die bei dem Kontakt mit der Erde verlöscht ist.
Als er aus der Arche ausstieg, setzte der Nommo zuerst seinen linken Fuß auf den Boden, um mit dieser Geste seine Inbesitznahme des Boens zu manifestieren. Er drückte seinen Fuß auf das "Feld" des FUCHSES, den er damit auslöschte, um so letztendlich seine Herrschaft über die gesamte Erde auszudrücken, die er als letzter erschaffen hat. Man sagt: "das linke Bein Nommos hat, als es auf den Boden trat, dem Fuchs das Feld weggenommen . " Auf diese Weise wiederholte er in anderer Weise und zu einer anderen Zeit dei Geste des nommo titiyayne , aber mit einem anderen Ziel.

Die Spur der Auslöschung wird mit dem Eindruck einer "Leder-Sandale" verglichen; sie wir auf die Fassade des Totemheiligtums gemalt, nach " dem Schema der Sandale von Nommo's Fuß " (s. Fig. 163 A). Die Sandale ist dreifach geteilt. Jedes enthält 3 Reihen von 7 anwachsenden und wieder in der Länge abnehmenden Strichen; die Gesamtheit zählt 3 x 7 = 21 Striche, wobei auch der Umriss des Fußes dazuzählt und so insgesamt 22 ergibt. Man sagt: " Die Zeichnung der Sandale von Nommos Fuß ist in drei Teile geteilt ". Diese Skizze stellt schematisch die Knochen des Fußes dar: im Zentrum "die Kraft des Fußes", oben "die Kraft der Gelenke der Zehen", unten "die Kraft der Gelenke der Knöchel ". Als Variante sind die drei Unterteilungen auf zwei waagrechte Striche reduziert, die jeweils durch 11 vertikale Striche übermalt sind; somit ergeben sich auch hier 22 senkrechte Striche (s. Fig. 163 B).

A                                                              B
Fig. 163 - A. tonu der Sandale von Nommos Fuß. - B. Variante.

In beiden Fällen bezeichnen die Striche ein Zeichen, bummo, das Symbol der gedachten und gezeichneten "Kategorien" Ammas, die somit wiederholt und durch die 22 Gelenke (Darlegungen) des Körpers des wiederauferstandenen Nommos dargestellt werden, die man auch an die Fassaden der Heiligtümer malt . Auf einer parallelen Ebene korrespondieren diese 22 Spuren mit den 22 yala des Körpers des Po Pilu während seiner Entstehung in Ammas Bauch; sie lassen eine Vorahnung der zukünftigen Aussaat entstehen, die die Erde des Fuchses reinigen wird, denn die Erde wird mit dem linken Fuß auf dem Loch, worin das Korn gelegt wird, zusammengedrückt. Deshalb wird diese Zeichnung auch " Schema des Beines des Nommos mit den 22 Getreidearten " genannt.
Als Nomo auf den Boden trat, tränkte er ihn mit Zeichen: mit der Kraft seiner Ferse drückte er das ein, was bedeuten soll: " die Welt ist angekommen "; mit seiner Fußsohle, deren einer Teil, die Fußwölbung, in der Anwendung unvollständig ist, ruft die Vorstellung der Stellung der Erde hervor, von der er Besitz ergriffen hat, was bedeutet: "die Arbeit, die sie vollendet haben"; und schließlich durch die Subtilität seiner Zehen, die der letztendliche Ausführung, was bedeutet: "das Wort wird kommen ". Auf diese Weise, die Gegenwart, die Vergangenheit und die Zukunft vereinigend, prägte er die Symbole seiner Herrschaft und der Ordnung der Welt auf, die er sich auferlegt hatte, zu erhalten und zu bewahren.
Die "Sandale" Nommos wurde als Relief an das Heiligtum des ersten Totems Dewa in Dalé modelliert; ebenso bei der Gründung des binu na Heiligtums an dessen Fassade und an die Wohnung des Hogon von Aru nahe Ibi. Eine Ledersandale ist auch Teil des Haupttotems derselben Örtlichkeit, ebenso wie die des Nommo-Totems von Nandouli.
Als Zeuge der Tat der Wiederauferstehung erschien ein Sternam Himmel, der tolo dombolo oder dommolo genannt wird, der "Haken-Stern" (es handelt sich um eine Wurfwaffe dommolo, die man auch auf die Dachgiebel der Totemheiligtümer legt); die Form, die dem Zeichen gegeben wurde, soll die Analogie des Sterns mit der Waffe unterstreichen und daran erinnern, daß der? Nommo an die Erde "andockte", um sie in Besitz zu nehmen (s. Fig. 164).

Fig. 164 - bummo des Sterns, der tolo dombolo genannt wird.

Nach dem Nommo begaben sich alle Tiere, die sich auf der Arche befanden, ihrerseits auf die Erde; als die Arche dann leer war, zog Amma wieder die Kette, die sie gehalten hatte, zum Himmel hoch, dann "schloß" er den Himmel wieder. Die Menschen, die sigi tolo bei der Archenankunft und bei der Landung glänzen sahen, wohnten auch dem ersten Aufgang der Sonne bei, die sich im Osten erhob und von diesem Moment an das Universum erleuchtete: sie befand sich in diesem Moment in einer Tag- und Nachtgleichenposition, die "Sonne in der Mitte", nay logoron, genannt wird und korrespondiert mit dem Frühling. Ihr Auf- und Unter-gang und ihre Bewegungen am Tage bezeugen von nun an die Ankunft der Arche und die Präsenz Nommos auf der Erde des Fuchses.
Später dann verwandelte sich Nommo in ein Pferd und zog die Arche bis zu einer Senke, bunno, Zeuge der Öffnung des Himmels durch Amma. Diese Senke sollte sich nach einem Regenguß mit Wasser füllen und den ersten Tümpel füllen. An dieser Station verleiht der Arche den Aspekt eines Wagens, der von einem Vierbeiner mit einem Strick gezogen wird.
Nach dem ersten Regen, als das Wasser den Tümpel füllte, kam das Wasserinsekt barankamaza dullogu auf Geheiß Ammas mit dem Fuchs herbei und tauchte ins Wasser ein. Indem es seine erste Berufung, ein Bote Ammas zu sein, verriet, wollte das barankamaza zum Vorteil des Fuchses in den Kopf Nommos "beißen", der es begleitete und es zum handeln antrieb; aber es kam nur bis zum Rand der Arche. Man zeichnet an die Südseite des Maskenaltars eine Skizze, die "Zeichnung des barankamaza, das die gelandete Arche mit dem Nommo beißt", heißt (s. Fig. 165), die Nommo (in seiner fötalen Fischform) zeigt, die Arche und das Insekt, das ihn angreift. Eine der Formen(Darstellungen) der kanaga-Maske stellt dieses Ereignis dar: in diesem Fall ist das Gesicht der Maske die Arche, der Mast, der sich über sie erhebt, mit ausgestreckten Armen, das Insekt, das sie festhält.

Fig. 165 - Zeichnung des barankamaza, wie es die Arche beißt.

Das Wasser hat nun den Tümpel gefüllt und die Arche schwimmt darauf wie ein riesiger Einbaum. In diesem Element - sozusagen im Inhalt seines eigenen Samens - seiner Domäne auf Erden, nahm Nommo wieder seine erste Form des nommo anagonno an. Man sagt: "die große Arche kam vom Himmel, sie ist gelandet. In der Mitte stand Nommo aufrecht da, er ist gelandet. Ohne Eile(sans chose pour pousser?) verwandelte sich Nommo in ein Pferd. Dann kehrte er wieder ins Wasser zurück."

Von da an wurde er O nOmmO "Nommo des Tümpels" genannt; aus Respekt nennen die Menschen nie diesen Namen, sondern sprechen über ihn, indem sie ihn "Meister des Wassers nennen, di tigi.
Sein Zwilling /der später mit dem Schmied landen wird, "Zwilling des Opfers") wird zu seiner Zeit kommen und sich verwandeln. Beide schenken dann einer großen Anzahl von Nachkommen das Leben, und sind immer anwesend im Süß-Wasser, dem "männlichen" der Quellen, der Wasserläufe, der Tümpel und der Brunnen, so wie dem "weiblichen" dem Wasser des Meeres.
Nachdem er dem Nommo entflohen ist und dem Licht der Sonne, das die Erde überflutete, hielt sich der Fuchs von nun an hauptsächlich sitzend am Ort seiner Plazenta auf, wo seine Nabelschnur eingelassen war, und floh dann in eine dunkle Höhle, der man den Namen ka kommo gab, "Höhle des Zerreißens

 

 

Unsere Anmerkungen:

 

Originalanmerkungen:

(1) Cf. supra, p. 219.Diese weiße Zeichnung wird alle 60 Jahre beim Sigui-Fest aufgefrischt (M. Griaule, Masques dogon, p. 689 und Bild XXVI). Sie wurde gemäß ihrer Ausrichtung auf den Felsen kommentiert (und deshalb in Bezug auf die Reproduktion auf p. 689 hin ausgerichtet).

(2) Die spirituellen Prinzipien der Verstorbenen werden durch einen Ritus nach Süden dirigiert, der am Ende einer Begräbniszeremonie stattindet; ihre Zusammenlegung findet im Verlauf der zweiten Begräbnisfeirlichkeiten statt, auch Beginn der Trauer (dama) genannt. Band I, Heft 2, 3. Jahr.

(3) kolondo sugi digili tonu (Wazubadialekt). Ausgeführt bei der ondom piru-Zeremonie mit yu pilu-Brei im Innern des Manda-Totemheiligtums von Orosongo.

 

(in Bearbeitung / under construction)

Teil 4/ Part4

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