Der ausgerollte po
hat durch seine Drehbewegung all das, was er enthielt,
in "die große Arche des Nommo", koro na, verfrachtet.
Diese bestand aus dem Rest der Plazenta des Geopferten. Nun, diese Plazenta
hatte nicht, wie die Ogos, die Verwundungen und die Verwandlungen erfahren,
die dieses Stück - welches dann die Erde konstituierte - schwer geschädigt
hat und unrein hat werden lassen.
Die Arche des FUCHSES, die aus "unreiner Erde" gemacht ist,
ist das Symbol des wilden, unkultivierten Busches; die Arche des Nommo,
die aus "reiner Erde" gemacht ist, und die mit all dem, was
Amma erschaffen hat, herabkam, ist das Symbol des kultivierten Landes:
diese trägt von nun an den Namen izubay minne, "Erde des Tages
des Fisches", was den Akzent auf ihren Ursprung legt, auf ihre Verbindung
mit dem Geopferten und mit den Menschen, dessen Abkömmlinge, die
ihre ursprüngliche fötale Form bewahrt haben. Diese "Erde
des Fisches" wird sich allmählich
ausbreiten, und zwar in dem Maße, wie sich die Ackerbaufläche
erweitert, welche eine Reinigung des Bodens darstellt, verdreckt durch
den Raub und den Inzest.
Die Arche enthielt theoretisch so viele Abteile, wie sie Löcher im
Boden durch das Scharren des FUCHSES bekam, nämlich 60, die Zahl,
die dann "Zahl der Plazenta", me lugi, genannt wurde.
Auf der Ebene der sozialen Struktur und der technischen Entwicklung beziehen
sich diese 60 Abteile der Arche auch auf die theoretische Aufteilung der
Urfamilienfelder unter den vier namensgebenden Ahnen, die sie begründen
sollten und die wie auf die Erde des FUCHSES "aufgesetzt" sind.
Unter diesem Blickwinkel ist es verständlich, daß die Kästen
zu 4 Reihen à 15 Fächer aufgeteilt werden, was sich aus 3
x 5 Parzellen pro Ahnen ergibt (Fig. 153)(1)
. Der Symbolismus bezieht sich hier auf die männliche Zahl 3 und
auf die Generationenzahl 5, die auf die patrilineare Abstammung hinweist.
Man sagt: "Die 60 Löcher der ginna minne(2)
werden durch fünf geteilt , durch die fünf". Diese Zählung
bezieht sich auch auf die fünf Finger der Hand, die das Feld besät.
Fig. 153 - Die Zeichnung, die die Arche mit ihren 60
Abteilen darstellt.
Wieder auf derselben abstrakten Ebene der Familienfelder, aber bezüglich
der Zeit korrespondieren die 4 Reihen mit den 4 Getreidesorten in folgender
Weise: bizu, "Aussaat ohne Regen"; manu, "verstreute Aussaat":
der Misthaufen und die Körner werden sofort oder direkt nach dem
Regen an bestimmten Stellen des Feldes verteilt; toy, die Aussaat, die
direkt nach dem Regen stattfindet; loro, Gegenstück zu der Aussaat,
die an den Plätzen ausgeführt wurde, wo das Korn nach den vorausgegangenen
Aussaaten nicht gedieh(3)
.
Diese 60 Abteilungen enthielten alle Wesen und Wesensarten, in Kategorien
eingeteilt, wovon nur die 22 ersten bekannt sind:
1. die Welt: aduno
12.
Person: inne
2. ein Dorf: anna
13. Tanz: go
3. Haus der Frauen mit der Regel: yapunulu ginu
14. Feuer: yau
4. großes Haus: ginna
15. Wort: so
5. Speicher: guyo
16. bebautes
Feld: minne valie
6. Himmel: alagala
17.
Arbeit: bire
7. Erde: minne
18.
Kauri: kele
8. Wind: ono
19.
Reise (Marsch): yoy
9. das Vieh: arsege, alle Vierfüßler, genannt
20.
Tod: yimu
"die Vierpfotigen" kubo nay,
21.
Bergräbnisse: yimu yanna
10. die Vögel: kize kile, "fliegende Dinge"
22.
Friede: dam
11. die Bäume: timmu
Diese Kategorien (verschieden von denen, die duch die "bummo von
Amma" bestimmt wurden) verweisen im Gedankengut der Dogon auf all,
das, was für den Menschen von Wichtigkeit ist und nach der Ankunft
der Arche der Erde zuteil wurde. Sie korrespondieren mit den 22 Körperteilen
des auferstandenen Nommo, mit den 22 Kategorien, die die Elemente des
Universums klassifizieren, wie sie von dem po pilu ausgestreut wurden(4)
.
Wie diese letztgenannten, sind sie auch mit dem "Totemerbe"
verbunden, der totemistischen Institution, die die Stütze der Basis
der sozialen Struktur in Bezug auf das himmlische Opfer darstellt. Schließlich
sind sie auch das Symbol für die Organisation des Lebens auf der
Erde durch den auferstandenen Nommo; deshalb sagt man von ihnen, daß
sie wie die 22 Zähne des Nommo" sind, d.h. wie sein "Wort".
Der Rest - der nicht bekannt ist - wird erst später der Kenntnis
der Menschen zuteil und wird die Welt verändern. Man sagt, daß
diese Enthüllung zuerst langsam geschieht, wie ein Nebel, der heranzieht
und dann aber plötzlich passiert, wie der Regenguß oder die
Windböe(5).
Der Inhalt der Arche
Die Arche war weich und feucht, wie die Plazenta, aus der sie gemacht
war. Sie enthielt alle Wesen und alle Dinge, die von Amma erschaffen wurden,
um dann durch das weibliche po pilu ausgeschüttet zu werden. Ihre
Gestalt und ihr Inhalt zeugen von dem ersten Sieg, den Nommo über
den FUCHS errungen hat. Gegenüber den zwei ersten Archen des Ogo,
bezüglich deren Schmalheit und wesentlichem, aber reduziertem Inhalt,
gegenüber der dritten, ein Gefährt mit Zwischenräumen,
in denen er aber dennoch nichts mitnahm, ist die Arche des Nommo einzigartig,
denn sie war voll. Wenn man sagt, daß "die 60 Löcher der
Arche wie die Löcher der Ameise sind", dann vergleicht man das
Gefährt mit einem Ameisenhaufen, wo die Insekten unzählbar und
sehr aktiv sind. Die Arche manifestiert die Rolle, die Amma dem Nommo
zugeteilt hat: die Gesamtheit des realisierten Universums organisieren,
dirigieren und kontrollieren.
Auf der Arche befanden sich erst einmal der auferstandene Nommo und die
acht Ahnen, die 4 Zwillingspaare. Jeder von ihnen war mit einem der 8
Körner verbunden, deren Symbole der Auferstandene in seinen Schlüsselbeinern
trug(6).
Diese neun formierten ein Ganzes, denn auf einer anderen Ebene repräsentierten
sie auf der Arche ein Körperteil des Auferstandenen, das sich wie
über seine eigene Plazenta legte. Der Nommo als "Vater"
war der Kopf, Amma Seru die Brust, Lebe Seru der Bauch, Binu Seru die
immer lebenden (Ober)Arme, Dyongu Seru der Nabel und das Geschlecht und
die 4 Zwillinge die 4 Gliedmaßen des Nommo(7).
Die Ahnen und der auferstandene Nommo saßen in folgender Weise neben
fünf Paaren von Bäumen, die alle 60 Blätter hatten:
a) In der Mitte, auf einem Kupfersessel, ogo dummo, "Thron des Chefs",
saß der männliche auferstandene Nommo. Er war umgeben von den
valu (Pferdeantilopen) und dem weißen Vogel donu, die mit seinen
spirituellen Prinzipien verbunden und Zeugen des Opfers waren. Verbunden
durch ihre Wurzeln, wie zwei Zwillinge, erhob sich da der Kyembo (kilena)
und der Mahagonibaum (pelu). Sie boten einer kupfernen Halbschale, ogo
bana, "Vase des Chefs", Schutz, in der eine zusammengerollte
Schlange lag - Bild der Einheit der Welt - deren Kopf die 8 Urkörner
barg. Die Urkörner wurden auch noch in einem "Ledersack"
versinnbildlicht, aufgehängt in einem der Bäume, der hierbei
das Schlüsselbein symbolisierte, Sitz der Symbole des Getreides.
In der Mitte der Arche wuchs auch noch ein hohe Palmyrapalme, siu, deren
Früchte zum ersten Nahrungsmittel der Ahnen auf der Arche wurde:
sie zerbrachen sie, um den Mandelkern und die Körner zu essen, die
sie enthielten.
Auf jeder Seite des Gebäudes thronten ein Ahnenpaar und ein Baumpaar:
b) Im Westen saßen Amma Seru und seine Zwillingsschwester go sa,
"Schwester des Tanzes" unter der Akazie (sene na) und dem Baobab
(oro). Amma Seru, "Zeuge Ammas" sollte verantwortlich für
den Kult sein, den die Menschen ihrem Schöpfer und ihrem ersten himmlischen
Stellvertreter zukommen lassen sollten, dem nommo die. Der Name seiner
Zwillingsschwester, go sa ist eine Anspielung auf die weiblichen Tänze,
die auf das Schwimmen des Fisches im Wasser hinweisen sollen. Im Verlauf
gewisser Zeremonien erinnern die Frauen durch ihre aufeinanderfolgenden
Tanzschritte an die Formierung des Fötus - der ein Fisch ist - dann
an seine Bewegungen im Fruchtwasser, wo er "schwimmt"(8).
go sa wird auf Erden die erste Priesterin Ammas, "die Frau Ammas"
genannt, amma yana. Die Weißholzakazie (Anabaum) und der Baobab
werden üblicherweise auf den Feldern der ginna angepflanzt.
c) Im Norden saß der Lebe Seru und sein weiblicher Zwilling ya sa,
"Schwesterfrau";
unter dem gobo banu- und dem gobo pilu-Baum hat der Lebe Seru, "Zeuge
des Lebe" das erste kollektive Feld der ginna bestellt. Nach einem
Tabubruch, das die Unversehrtheit des Getreides in Gefahr brachte, die
Felder - und im Endeffekt die gesamte Gesellschaft - , wurde er geopfert
und ist auf der Erde wiederauferstanden, wie der Nommo im Himmel, und
aus den gleichen Gründen. Seine Opferung reinigte "die Erde
des Tages des Fisches" izubay minne, deren Repräsentant er ist.
Sein weiblicher Zwilling ya sa erfand und verbreitete den Gesang.
d) Im Osten befanden sich der Binu Seru und dessen Zwillingsschwester
ya sa, die unter dem sa (Lannea acida)- und Dawadawa-Baum (yullo) saßen.
Man sagt vom Binu Seru, der der Hauptverantwortliche für den Totemkult
wird, der "wie die beiden lebenden Arme" des geopferten Nommo
ist. Der Kult, der dem Geopferten o nommo gewidmet wurde, - und zu Beginn
nur einen einzigen binu enthielt - wird dann unter den Nachkommen der
4 Urahnen"aufgeteilt", wie es mit dessen Körper zur Reinigung
und Reorganisation des Universums geschah. Diese Aufteilung wird die Ausbreitung
der menschlichen Rasse bezeugen: bei der Gründung einer neuen ginna
und dem "Aufteilen" eines binu sagt man: " die ausgespannten
Arme Ammas verbreitern kontinuierlich die Welt ". Der Körper
des Geopferten dehnt sich mehr und mehr aus, so wie sich die binu vermehren.
Die Zwillingsschwester des Binu Seru ya sa, steht mit dem "Wort"
in Verbindung, das sie vom o nommo erhielt und damit beauftragt wurde,
es den Menschen mitzuteilen. Sie ist die Vertreterin gewissser agressiver
Aspekte de Redeweise, nämlich zuständig für die Diskussion
und den Streit (Konflikte).
e) Im Süden befinden sich Dyongu Seru und seine Zwillingsschwester
ya sa, die unter dem saselu- und bozo kubo-Baum sitzen. donu bedeutet
"Heilmittel". Dieser Ahne ist der Heiler und Jäger und
wird der Besitzer von den Altären, die für diese Funktion von
Bedutung sein werden. Sein Spezialstatus, geschuldet der Tatsache, daß
er nur im Besitz von zwei "Geschlechtsseelen" ist - die andern
zwei sind dem FUCHS zugeteilt worden - ist die Ursache seiner Verwandlungen.
Er wird im Zustand der Unreinheit sterben und den Menschen den Tod bringen.
Aber sein Körper, in kleine Stücke zerteilt, wird zur Grundlage
der Altäre, auf denen Opfer dargereicht werden, die für den
Schutz der Gemeinschaft von Bedeutung sind.
Seine Zwillingsschwester ya sa, wird der Geburt vorangestellt und soll
das Gebären der Frauen erleichtern helfen(9).
Alle Gemüsearten und alle Tiere befanden sich mit den Ahnen auf der
Arche. Gewisse Tiere, die in direkter Beziehung mit gewissen Körperteilen
und gewissen spirituellen Prinzipien des Auferstandenen stehen, sollten
dann zu den ersten "Totemtabus", binu dama, werden: das schwarze
Krokodil, ayo geu und der Wels anagonno sala, die entsprechend den rechten
und den linken Arm des Nommo repräsentieren und sich beim Binu Seru
im Osten befinden; der Wasser-Varan ay, und der Land-Varan ugunu, stellen
entsprechend das rechte und das linke Bein des Auferstandenen dar und
befinden sich mit dem Amma Seru im Westen. Ebenso stehen die Pferdeantilope,
valu, und der weiße Vogel donu in Beziehung mit den spirituellen
Prinzipien der "kriechenden" Körper: gozu kikinu bummone.
Fig. 154 - Zeichnung der Knoten, die die Leinen der
Arche halten.
Die Arche selbst hing an einer Kupfer- oder Eisenkette, wobei die
Kettenglieder die sich an den Händen haltenden Ahnen symbolisieren.
Diese Halterung wird auch mit einer Verbindung verglichen, die aus zwei
doppelten Schnüren besteht, zusammengeheftet aus einer Reihen von
Knoten, "Knoten des großen Ammas" genannt oder "Knoten,
die nicht die Schnur des Schoßes (der Herabsteigenden) (d.h. der
Generationen)(10)
zerstören" (Fig. 154). An dieser Halterung stellt jeder Knoten
zugleich die Arche wie auch die Abstiegsleine dar, damit man nicht den
Abstieg der Arche vergisst, der eine enge Verbindung beinhaltet, quasi
unauflösbar, von Amma zwischen den Ahnen und ihren Nachkömmlingen
eingerichtet.
Man illustriert diese Darstellung, wenn man sagt, daß Amma, als
er die Welt erschuf, "4 Knoten gemacht hat", um "die Schnur
der Arche" vorzubilden, und wobei jeder einen der Sitze, adunu doy,
des Universums festlegt; diese Schnur ist auch wie eine Schlange, die
an die 4 Eckpunkte des Weltraumes angeknotet ist und die Welt
in ihrem Werden umschließt.
Bei dem Opfer, das nach der Ernte dargebracht wird, rezitiert der Patriarch
ein Gebet, das auf die Arche anspielt und auf all das, was sie für
die Menschen repräsentiert. Der Patriarch sagt: "Guter Amma,
so wie die Arche von oben herabkam, die für uns geschickt wurde,
bring uns Gesundheit und Wohlergehen" .
Fig. 155 - Modellhafte Rekonstruktion der Arche.
Eine modellhafte Rekonstruktion der Arche, von einem Schmied aus Holz
angefertigt, stellt für seinen Auftraggeber die wesentlichen Bestandteile
dieses Gefährts in Bezug auf das System der Repräsen-tationen,
das es schematisiert (Fig. 155), dar(11).
Das Objekt hat die Form einer Art bauchigem, halbzylindrischem Schiff
mit zwei Brücken. Die zwei Brücken sind mit zwei Griffen versehen.
Die obere Brücke, kleiner als die untere, formt eine Arche, deren
Enden an die Griffe stößt und zwei Treppen mit 4 Stufen hat,
die durch einen Hohlraum getrennt sind. Die zwei Brücken haben jeweils
zwei Reihen à 4 Löcher und repräsentieren die Abteile
der Arche. Im Querschnitt gesehen erhebt sich die Brücke über
einer relativ schmalen Basis. Jedes Detail ist ein Symbol, das sich auf
die Lebewesen und auf Teile des Universums bezieht: jedes Loch, ein an
den Ecken abgerundetes Rechteck, ruft das Abteil in Erinnerung, in dem
jede Wesenskategorie bei der Herabkunft untergebracht war. Die untere
Brücke ist die alte Welt, während die obere Brücke eng
an der Basis, sich ausdehnt, um die Ausdehnung der neuen Welt vorzugeben,
die der Herabkunft der Arche folgen sollte, Symbol der Ausdehnung der
Welt: "Das untere Gehäuse ist die alte Welt, das obere die neue
Welt: dies sind die zwei Zwillinge, die die neue Welt organisieren. Das
obere Gehäuse, das sich ausdehen wird, das ist der Raum, der sich
entfaltet und ausbreitet"(12).
Die untere Brücke, koro bere genannt, "Bauch der Arche",
ist mit Menschen besetzt, die nach folgender Ordnung in den Kästen
verteilt sind (Fig. 155 C): 1: Mossis und Samogo; 2: Bambara; 3: Bozo;
4: Peul; 5: Yebem; 6: Gerber; 7: Schmiede; 8: Griots (Musiker und Geschichtenerzähler).
Die alten Tellem sind in den Falaise (steile Felsklippen) im Osten (Kasten
17) untergebracht, wo die Süßwasserquellen heraus sprudeln,
die heutigen Tellem im Sandgebiet im Westen (Kasten 18) , wo sich der
Salzwasserozean erstreckt, in den die Flüsse fließen(13).
Die obere Brücke, koro da sine genannt, wörtlich: "oben
gelegene Kiste", ist mit den Tieren besetzt und hat folgene Verteilung:
9: Vögel; 10: Katzen ; 11: Affen; 12: kleine Säugetiere; 13:
Rinder; 14: Ziegenarten; 15: Schafe; 16: Hühner- und Vogelarten.
In kleinen Flüssen, die rechwinklig zu zwei axialen Strömen
verlaufen, zwischen denen alle Anpflanzungen und Weideländer gelegen
sind, leben die folgenden Tiere: 19: Wasserechsen, Reptilien; 20: Wasserinsekten;
21: Süßwasserfische; 22: Meerwasserfische.
Die Stufen im Osten sind Felsengebirge, die Stufen im Westen Sanddünen;
an der Basis einer jeden befinden sich die Metalle. Ein Handwerk, die
Weberei,
ist in der Arche vertreten: der Weber sitzt am äußeren Ende
des Griffes im Osten, wobei die beiden seitlichen Brücken die Pflöcke
des Webstuhls sind. Der Hohlraum der Ostöffnung stellt die Rolle
dar, die Glätter sind die zwei Stufenreihen. Die Fadenkette ist die
obere Brücke; sie endet beim Schlitten, der der Westgriff ist; der
Schußfaden wird durch die östlichen Stufen geformt, deren erste
das Schiffchen ist(14).
Die Arche, ost-west orientiert, stellt durch ihre Seiten und ihre Extremitäten
die 4 Himmelsrichtungen dar, die sich auch in den Griffen wiederfinden,
vierseitig und unregelmäßig(15)
, und die in einem übertragenen Sinn die "Schnur" halten,
an der sie bei ihrer Herabkunft aufgehängt war. Wie ein kompletter
Weltenraum, enthielt die Arche auf der oberen Brücke gleichsam alle
Sterne: die Sonne "bei der Quelle des Wassers" befand sich überhalb
des östlichen Hohlraums, der Mond über dem westlichen Hohlraum.
In ihrem Zentrum mit einer Rille versehen, die sie in zwei Teile trennt,
bezeichnet jede oberste Stufe der 4 Treppen gemäß folgender
Anordnung den Ort eines Sternes oder Planeten:
Nord-Ost Stufe:
aga
yazu Venus
dana
tolo Jupiter
Süd-Ost Stufe:
tolo
yaze ?
tolo
atanu: der Gürtel des Orion
Nord-West Stufe:
tolo
duno die Pleiaden
Süd-West Stufe:
yapunu
tolo Mars
Anders gesagt symbolisiert die Arche die gesamte Welt, in der Zeit, sowie
im Raum: Die untere Brücke ist zugleich die Erde und die alte in
Unordnung gebrachte Welt, die durch die obere Brücke, die zugleich
der Himmel wie auch die neue Welt ist, verdrängt wird.
Es gibt auch noch eine andere modellhafte Beschreibung der Arche, die
sie unter dem Blickwinkel des Kornspeichers sieht, denn sie enthielt ja
die Urkörner; gemäß dieser Version ähnelt die Arche
dem tazu-Korb (Fig. 156)(16)
. Der tazu-Korb sieht aus wie eine vierseitige abgeschnittene Pyramide,
die an der Basis rund ist, und aus zusammengesammelten Hirsehalmen angefertigt
wird; üblicherweise wird er zum Wegtragen der aufgesammelten Ähren
bei der Ernte und zum Tragen der Esswaren auf den Mark benutzt, etc. (Photo
XX, I). Das Speichergebäude, aus reiner Erde gebaut, hatte die Form
des umgekehrten tazu-Korbes und enthielt, in die dicken Wände eingehauen,
um die Mitte einer jeden rechteckigen Seitenwand eine 10-stufige Treppe,
die nach einer Himmelsrichtung ausgerichtet war. In der 6. Stufe der Nordtreppe
war eine Türe eingelassen, die es erlaubte ins Innere zu gelangen,
wo sich auf zwei Etagen verteilt, acht Räume befanden, vier oben
vier unten.
Auf symbolischer Ebene hatte das so konstruierte Gebäude, "Speicher
des Meisters der reinen Erde " genannt, folgende Bedeutung:
die runde Basis stellt die Sonne dar;
die rechteckige Terrasse erinnert an den Himmel;
ein Kreis in der Mitte der Terrasse bezeichnet den Mond;
jede Stufenebene war weiblich und jeder Absatz männlich, und die
Gesamtheit der vier Stufenreihen à 10 Treppen nimmt die Zehnheit
der acht Familien vorweg, die aus den acht Ahnen hervorgingen.
Fig. 156 - Die Arche als der Korb tazu betrachtet.
Jede Treppe war mit einer Kategorie von Wesen bestückt und stand
in Beziehung mit einer Sternkonstel-lation: die Westtreppe mit den Sternen
des Schwertes des Orion, tolo dullogu, und beherbergte die wilden Tiere,
die Pflanzen und die Insekten. Mit der obersten Stufe beginnend nach unten,
waren dies die Antilopen, die Hyänen, die Katzen (auf zwei Stufen),
die Reptilien und Echsen, die Affen, die Gazellen, die Murmeltiere, der
Löwe und der Elephant. Ab der 6. Stufe erschienen die Bäume,
vom Baobab bis zum sa, und auf jeder der Pflanzen waren die Insekten,
die man im Allgemeinen auch noch heute dort auffindet.
Die Osttreppe war der Venus zugeordnet und beherbergte die Vögel;
auf der ersten Stufe befanden sich die großen Raubvögel und
Nashornvögel; auf der zweiten die Strauße und Störche;
auf der dritten die kleinen Trappen und Kiebitze; auf der vierten die
Geier. Dann kamen die kleinen Raubvögel und die Reiher; auf der siebten
waren dann die Tauben und auf der achten die Turteltauben, auf der neunten
die Enten und schließlich auf der zehnten die großen weißen
und schwarzen Trappen.
Die Südtreppe, den Gürtelsternen des Orion zugewiesen, enthielt
die Haustiere. An erster Stelle das Federvieh; dann die Schafe, die Ziegen,
die Rinder, die Wildpferde, die Hunde und dann die Katzen. Auf der achten
und neunten Stufe saßen die Schildechsen: zuerst die großen
Schildkröten, die heutzutage den Patriarchen vertreten, wenn er abwesend
ist, und dann die kleinen, die bei den Riten zur territorialen Reinigung
langsam zu Tode kommen müssen. Auf der zehnten Treppenstufe sind
die Spitzmäuse, als auch die Haus- und Feldmäuse sowie die Ratten
untergebracht.
Die Nordtreppe ist den Pleiade zugeordnet und auf ihr waren die Menschen
und Fische untergebracht.
Das Innere des himmlischen Gebäudes war aufgeteilt, wie das Innere
eines Speichers (guyo ana) und entheilt 8 Räume, die auf zwei Etagen
verteilt waren. Jeder von ihnen enthielt eines der 8 Körner, die
Amma unter den acht Ahnen wie folgt verteilt hatte:
emme pilu und nu (für Amma Seru und seinen weiblichen Zwilling),
emme nakolo und emme ya (für Lebe Seru und seinen weiblichen Zwilling),
yu pilu und ara geu (für Binu Seru und seinen weiblichen Zwilling),
po pilu und emme dum (für Dyongu Seru und seinen weiblichen Zwilling).
Aber diese acht Unterteilungen dienten nicht nur alleine als Auffangbecken
für die Körner, um sie den Menschen zu bringen. Sie waren auch
ein Bild der 8 inneren Organe des geopferten Nommo.
Im Zentrum symbolisierte ein dort stehender kugelförmiger Topf die
Gebärmutter; ein anderer, kleinerer Topf war im größeren
enthalten. Er enthielt das sa-Öl und war als Fötus zu verstehen.
Ein noch kleinerer war in ihm eingeschlossen und enthielt Parfüm.
Und darauf stand ein doppeltes Paar, die Zwillinge.
Die Gesamtheit seiner Organe wurde von den äußeren Wänden
und den innerren Trennwänden, die das Skelett symbolisierten, gehalten.
Die vier Ebenen, die an den Ecken der rechteckigen Terasse endeten, waren
die 4 Gliedmaßen. So war der Speicher wie eine Frau geformt, auf
dem Rücken liegend, die Sonne darstellend, Arme und Beine angehoben
und damit die Terasse haltend, das Bild des Himmels. Die beiden Beine
befanden sich nördlich und ihr Geschlecht war die Türe auf der
sechsten Treppe.
Der Speicher und alles, was er enthielt, war somit ein Bild des Weltensystems
der neuen Ordnung. Seine Fahrt durch den Weltenraum wird mit dem des Blutes
verglichen, das durch die inneren Organe zirkuliert und das "Wort"
herbei befördert.
Die Arche und ihr Inhalt werden in einer rituellen Zeichnung dargestellt,
die "tonu der Arche der Welt " genannt wird (Fig. 157). Ausgeführt
mit einer Mischung aus sa-Flüssigkeit, Mehl des yullo, Mehl des oro
und Öl des minu, einer Mischung, die zeichnerisch die 4 Elemente
integriert und und auf die Regenbogenfarben verweist, wurde unter den
sogo (Altar) uguru uguri bei dessen Errichtung gemalt, dem sogo der Reinigung
des Teiches von Dona.
N
Fig. 157 - tonu der Arche der Welt.
Im Westen ist der Kopf des nommo semi hingemalt, dann der des anagonno
sala; die 8 Ahnen, nebeneinander gemalt, halten sich an den Händen;
der minu befindet sich in der Mitte; dann sind die Vögel und dann
die Vierfüßler aufgemalt, die durch ein Huhn und ein Schaf
dargestellt sind.
Im Norden befindet sich der yullo-Baum.
Im Süden der sa-Baum.
Im Osten, gegenüber dem nommo anagonno ist der pelu; gegenüber
dem anagonno sala ist der kilena hingezeichnet; gegenüber den Ahnen
ist die Luzerne (yayaga), das Wildgras (sana) und der Baobab (oro) gemalt.
Jedes Wesen ist von den andern durch einen Strich getrennt, um dadurch
die Abteile zu kennzeichnen. In der Mitte befindet sich ein kleineres
Rechteck, das in enger Verbindung mit der Arche steht. In seinem Innern
ist durch eine Zigzacklinie die Kette oder das Seil dargestellt, die die
Arche bei ihrem Herabkommen hielt; der Kreis in der Mitte stellt den "Knoten"
dar, durch den sie gehalten wurde.
Die Tiere, die auf der Zeichnung dargestellt sind, bilden den eigentlichen
Inhalt eines jeden Opfers . Sie erinnern hier auch an den Nommo: das Huhn
an seine Entmannung, das Schaf an sein Umbringen mittels Durchschneiden
der Kehle (17).
Die Pflanzen sollen hier seine Wiederauferstehung bezeugen und werden
für die individuelle und kollektive Reinigung benutzt.
Die Zeichnung, das Material, aus dem sie gemacht ist und der Ort, an dem
sie ausgeführt wird, soll an die durch das Opfer des Nommo durchgeführte
Reinigung erinnern, die es erlaubte, daß das Gefährt, das das
Werk Ammas enthielt, auf der Erde des FUCHSES landen konnte.
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Unsere Anmerkungen:
po: ein Samen,
das kleinste Ding, das auf der Welt existiert.
zu dem Term Erde:
a) dies ist in der mythologischen Fachsprache die Fläche, die man
sich theoretisch zwischen den Äquinoktien und Solstitien aufgespannt
vorzustellen hat.
b) falls es sich bei dieser Beschreibung um eine Repräsentation
der "Erde" durch das Sternbild Pisces (Fische) handelt, könnte
dies bedeuten, dass sich das Sternbild, bedingt durch die Präzession,
heliakisch beobachtet, allmählich immer mehr über den Horizont
schiebt.
zum Terminus technicus Arche: sie
stellt eine Metahper dar, welche alle Notwendigkeiten zur Erschaffung
einer neuen Welt enthält: Masse, Zahl, Gewicht, etc..
zum Term Ledersack:
a) Wie anders ging es da dem unwürdigen Kaiser Wu-yi. Der schoß,
so heißt es (Civil.108, Danses 537, 541 f.) einen Pfeil, der auf
den Himmel zielte, oder vielmehr auf einen mit Blut gefüllten Ledersack,
den er Himmel nannte. Aus einer Stierhaut gefertigt, hatte dieser Ledersack
die Form einer Eule.
b) Der Hund Anubis, den viele mit dem Sirius identifizieren, ist häufig
sitzend dargestellt; eines seiner wichtigsten, unerklärten, Attribute
ist das sog. Imiut, ein kopfloser Tierbalg, der an einem Stab hängt.
c) Das Lexikon für Ägyptologie erteilt zum sog."Horusgeleit"
folgende Auskunft:
"Seit vordynastischer Zeit bezeugte Gruppe von Götterbildern
auf Standarten in Begleitung des Königs, erstmals so genannt in den
Sedfest Darstellungen des Ni user Re und später Osorkons II. Urgprünglicher
Grundbestand (später erweitert): Schakal (auch doppelt vorkommend),
Falke (auch doppelt) und Balg (oder Sack, sog.'Chons Symbol'), seltener
Ibis und Min Symbol, nur einmal auf Keule des Königs Skorpion Seth
Tier (doppelt) und Wüstenhieroglyphe."
zum Term Schwesterfrau:
erinnert an Zeus und Hera in der griechischen Mythologie. Auch Deucalion
nennt seine Frau Schwester: "o soror o coniux, o femina sola superstes
. . .", Ovid, Metamorph. lib. I, 351.
zu den Termen Tanz und Gesang:
auch in anderen Mythen erfinden die Götter den Tanz, den Gesang und
die Schrift (Mars, Apoll, Merkur/Thot)
zum Term Welt:
die Arche als Weltmodell.
zum Term Weberei:
siehe Komplex des Weltenwebers (Saturn) bei Herbster.
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Originalanmerkungen:
(1) Sie
wird mit ara geu-Brei an die Fassaden der Totemheiligtümer angemalt.
Die Rautenform der Fächer bezeiht sich hier auf die Arche im Himmel
und während ihres Abstiegs auf die "Raumecken" des Himmels.
Wenn die Arche auf der Erde gelandet dargestellt wird, bedeuten die Fächer
Rechtecke, die an die "Seiten" des irdischen Raumes erinnern
sollen (cf. p. 437). Die Raute in der Mitte stellt den Platz des wieder
Auferstandenen dar.
(2)
Die Namen der 5 Generationen sind in aufsteignder Reihenfolge: kummo
dene, tire, unum, und bau, umgekehrt in absteigender Reihenfolge. Wenn
das Familienoberhaupt am Altar der Ahnen Opfer bringt, nennt er sie in
aufsteiegnder Reihenfolge bis zur 5. Generation mit Namen. Die 6. Generation
wird dandam buli genannt; sie ist "bei Amma", während die
5 nachfolgenden noch "bei den Menschen" sind. Der Ausdruck dandam
buli bedeutet "er sitzt da und empfängt die Opfergaben";
man nennt die Namen der Ahnen von dieser Generation, die die Opfergaben
ißt, nicht mehr: man redet sie und ihre Vorgänger nur noch
ganz allgemein an: "auf daß alle, die vergangen sind kommen
und mitdrinken". Die dandam buli werden auch nana buli genannt.
(3)
Diese 4 Aussaaten korrespondierren auch mit den 4 ersten mythischen Aussaaten
der Menschen, vom 1. bis zum 4. Jahr (siehe Band 1, Heft 2).
(4)
Betrachtet unter dem Blickwinkel der Grafik und der Zahl, und verglichen
mit den "Zeichen" von Amma, den bummo, die auf das verweisen,
was erschaffen wird, sind diese Kategorien wie "Zeichnungen",toy,
d.h. Verwirklichungen, denn die Welt ist erschaffen und vollendet.
(5)
Eine ähnliche Idee, wie diese, wird in dem Bambara-Mythos ausgeführt.
Cf. G. Dieterlen, Essai sur la religion bambara, p 30.
(6)
Beim Ernteeinfahren gibt man zuerst der ältesten Frau des Stammes
einen Teil ab, als Zeugnis dafür, daß die Körner von den
Zwillingen der Vorfahren entspringen; die Ähren sind für sie
theoretisch alleine, aber sie kann sie mit anderen teilen.
(7)
Deshalb, sagen die Dogon, kann man die Arme und Beine so leicht bewegen;
die erleichtert das Gebären. Denn, wenn eine Frau schwierig gebiert,
sagt man, daß "der Nommo eines seiner Beine gebeugt hat, wenn
die Geburt leicht ist, sagt man, daß "der Nommo sie auseinandergefaltet
hat".
(8)
Diese Tänze werden in folgender Reihenfolge getanzt: ya go, go na,
suru boy und go yala. Sie werden in Heft 2 kommentiert. Diese Tänze
werden vor allem bei den Frauenbegräbnissen aufgeführt. Cf.
G. Dieterlen, Les Ames des Dogons, p. 120.
(9)
Sie wird letztendlich nach der Erfindung der Masken die Beschützerin
der spirituellen Prinzipien der Tiere, die von den Masken repräsentiert
werden (Band 1, Heft 2, 3. Jahr).
(10)
amma na dineu oder iri sum paragu dineu. Der Knoten wurde spontan von
unserem Informanten vorgeführt und am Boden aufgemalt: es handelt
sich um einen doppelten Leinenknoten, der die Eigenschaft hat, sich fester
zu zuzurren, wenn man an ihm zieht.
(11)
Die Beschreibung dieses Gegenstandes ist komplett aus M. Griaule, L'arche
du monde chez les populations nigériennes, p 177 - 120, entnomen.
(12)
Das Wort ganna "Raum" wird als von derselben Wurzel entstammend
erachtet, wie ga "ausbreiten".
(13)
Tellem ist der Name, den die Dogon den Kurumba von Nord -Yatenga gegeben
haben.
(14)
Angesiedelt auf den "irdischen Wassern", berichtet dieses Bild
von der Rolle des Auferstandenen, der, da er das Wort beaß, es im
Wasser "sponn", seiner Domaine auf der Erde, und es dann den
Menschen enthüllte.
(15)
Es empfiehlt sich die Form der Griffe mit der der Rauten zu vergleichen,
die sich an den Schenkeln der kanaga-, sirige-, und amma ta-Masken befinden.
Cf. M. Griaule, Masques dogon, Fig. III, p. 473; Fig. 116, p. 483; Fig.
160, p. 586; Fig. 162, p. 599. Die vertikale Diagonale, die manche der
Masken enthalten, stellen den oberen Teil der Arche dar, die sozusagen
in ihrer eigenen Faust eingeschlossen ist. Die gekreuzte Raute wird auch
als ein Oval angesehen, das ein Symbol des "Welteies" ist, deren
große Achse den Schöpfer zeigt, noch eingeschlossen in seine
eigene Schöpfung. Bezüglich der Raute.
(16)
Diese Version greift teilweise die Informationen auf, die in: M. Griaule,
Dieu d'eau, p. 38-50, publiziert sind.
(17)
Das Schaf ist einer der Aspekte, die der o nommo auf der Erde annehmen
kann - eine seiner Verwandlungen. Das Schaf wird auch als ein Opfertier
für Amma benutzt.
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